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Und ewig grüßt das Murmeltier?
Primärqualifizierende hochschulische Ausbildung in der Logopädie/Sprachtherapie auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben?
Am 16.12.2020 veröffentlichte das BMG relativ lautlos den Kabinettsentwurf zum "Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz - GVWG)", dem eine Anhörung des Referentenentwurfs am 19.11.2020 vorangegangen war. Bei dieser Anhörung haben sich zahlreiche Verbände, Hochschulen und Professor*innen eindeutig gegen eine weitere 5jährige Verlängerung der Modellklauseln in den Berufsgesetzen der Gesundheitsfachberufe ausgesprochen, u.a. HVG, Fachbereichstag Therapiewissenschaften der HRK, VAST, die Medizinische Fakultät der Universität Lübeck oder Professor*innen der Logopädie/Sprachtherapie.
Der AK Berufsgesetz hat in seiner Stellungnahme gefordert, noch in dieser Legislaturperiode die hochschulische Ausbildung für die Logopädie/Sprachtherapie als Regelausbildung bundesgesetzlich zu verankern und das Gesetz über den Beruf des Logopäden von 1980 entsprechend durch ein neues Berufsgesetz für alle 12 Berufe, die in der Logopädie/Sprachtherapie tätig sind, zu ersetzen.
Aus dem vorliegenden Kabinettsentwurf ist ersichtlich, dass die vorgebrachten Einwände der Fachverbände seitens des BMG komplett ignoriert wurden.
Erschwerend kommt hinzu, dass es das BMG bisher unterlassen hat, den Bundestag über die Ergebnisse der für den Zeitraum 2017 - 2021 beschlossenen 2. Evaluation zu unterrichten, was eigentlich ein normaler parlamentarischer Vorgang gewesen wäre. Die Studiengänge haben im September 2020 dem BMG ihre aktuellen Daten zur Verfügung gestellt, die die Grundlage des 2. Evaluationsberichts bilden. Nun soll eine Modellklauselverlängerung erneut gesetzlich verankert werden, ohne dass dafür auf Bundes- und Länderebene die Ergebnisse des 2. Evaluationsberichts als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung stehen. Es stellt sich die Frage, ob die Ergebnisse erneut so positiv wie in der 1. Evaluationsphase ausgefallen sind, so dass es schwierig wird, der Logopädie/Sprachtherapie eine primärqualifizierende hochschulische Ausbildung als Regelausbildung zu verwehren.
Die Modellphase dauert bereits 11 Jahre an! Aus der Begründung des Kabinettsentwurfes wird die mangelnde Wertschätzung für die Hochschulstudiengänge, die sich seit mehr als 10 Jahren nachweislich bewährt haben, sichtbar, wenn es lapidar heißt: "Die bestehenden Modellstudiengänge können gegebenenfalls ein wichtiger Baustein sein, um reguläre akademische Ausbildungsangebote aufzubauen" (S. 142).
Nun hat sich auch der Bundesrat mit einer Stellungnahme zu Wort gemeldet und die Einschätzung des AK Berufsgesetzes voll und ganz bestätigt: "Eine fünfjährige Verlängerung erscheint unangemessen. Die Modellklauseln sollten daher bis Ende 2022 verlängert werden." (S.7).
Es ist keine Frage, ob und wenn ja in welcher Ausgestaltung die Ausbildung in der Logopädie/Sprachtherapie akademisiert wird. Alle Begründungen für die Einführung eines primärqualifizierenden hochschulischen Studiums sind längst mit Fakten unterlegt und liegen dem BMG vor.
Dietlinde Schrey-Dern
Sprecherin des AK Berufsgesetz